Überraschung: 10.452 Falkenseer stimmen für das Hallenbad-Projekt!
Diese Frage spaltete in den letzten Wochen die Bürgerschaft in Falkensee: Soll ein Hallenbad gebaut werden? Oder vielleicht lieber doch nicht? Die Geschichte, die das Hallenbad in der Stadt schreibt, begann bereits 2007, also vor 13 Jahren. Der Seniorenbeirat Falkensee wünscht sich sehnlichst ein Hallenbad, damit die älteren Falkenseer schwimmen gehen können.
Da nix passierte, sammelte der Seniorenbeirat in Eigeninitiative 7.000 Unterschriften ein. 2015 wurde die Unterschriftenaktion wiederholt, da konnten bereits 8.000 Stimmen eingetrieben werden. 2018 folgte sogar eine Bürgerbefragung, an der sich 60 Prozent der Bürger beteiligten. 78 Prozent votierten für das Hallenbad.
Kein Wunder, dass 2019 bereits eine Baugenehmigung vorlag. Das nun bereits fertig geplante Hallenbad sollte mit Sauna und Kegelbahn an der Seegefelder Straße direkt am Bahnhof entstehen.
Am 4. Dezember 2019 folgte aber der große Schock: Wider Erwarten stimmten plötzlich 19 Stadtverordnete von 35 gegen das Hallenbad. Dabei hatte man vorher lange den Eindruck, dass man an einem gemeinsamen Strang zieht. Die CDU klinkte sich mit Hinblick auf die Finanzen aus dem Projekt aus, die Grünen pochten auf das Thema Energie und Umwelt.
Der Seniorenbeirat, die DLRG Ortsgruppe Falkensee und weitere Gleichgesinnte wollten das nicht auf sich sitzen lassen. Sie forderten einen Bürgerentscheid nach § 15 der Kommunalverfassung. Dabei schaffte es die “Pro Hallenbad” Gruppe tatsächlich, die nötige Unterschriftenanzahl für das Bürgerbegehren zusammenzubekommen. Auf diese Weise kam Falkensee zu seinem allerersten Bürgerentscheid in der Stadtgeschichte. Am 15. November 2020 sollte der Bürgerentscheid wie eine ganz normale kommunale Wahl durchgeführt werden. Die Bürger hatten die Möglichkeit, entweder in einem Wahllokal ihre Stimme abzugeben oder aber vorab per Briefwahl abzustimmen.
Überraschend für viele Bürger war der Umstand, dass sich plötzlich ein starkes Bündnis gegen “dieses” Hallenbad formierte. Der Jugendbeirat, der adfc Falkensee, die Lokale Agenda, die MIT, die BISF und viele weitere Organisationen und Parteien bemängelten “Intransparenz, fehlende Ökologie und Nachhaltigkeit, negative Auswirkungen auf den Klimaschutz, einen zu hohen Energieverbrauch, zu hohe Kosten und eine damit verbundene unsichere finanzielle Zukunft der Stadt”.
In der Folge kam es zu einem erbitterten Wahlkampf, wie man ihn beim Thema Hallenbad nicht erwartet hätte. In den Treffen der Stadtverordnetenversammlung wurde bis aufs Blut gestritten. Riesige Plakatwände wurden in der Stadt aufgestellt. Flyer landeten in den Briefkästen. Werbeanzeigen wurden in den Zeitungen gebucht. Es wurden Homepages geschrieben. Und beide Gruppen fluteten Facebook mit einem nie versiegenden Quell an Kommentaren.
Da war es fast schon eine Erlösung, als es am 15. November endlich zur Wahl kam. Abgestimmt wurde über die Frage „Sind Sie dafür, dass die Stadt Falkensee die durch den Landkreis Havelland im Jahr 2019 erteilte Baugenehmigung nutzt und ein Hallenbad in Falkensee baut?“
36.749 Falkenseer durften abstimmen. Um den Bürgerentscheid positiv für die Antragsteller zu entscheiden, mussten 25 Prozent aller Stimmberechtigten mit “Ja” stimmen. Das entsprach 9.188 Stimmen.
Bei der Auswertung der Stimmen sah es zunächst gar nicht gut für das Hallenbad aus. Der Bürgerentscheid drohte am Umstand zu scheitern, dass die 9.188 Stimmen für das Quorum nicht zusammenkamen. Zum Schluss wurden aber die Stimmen der Briefwahl ausgezählt – sie waren das Zünglein an der Waage. Am Ende stimmten 10.452 Falkenseer FÜR das Hallenbad. Damit steht fest – es wird gebaut.
An der Wahl haben sich 16.007 Falkenseer beteiligt, das entspricht einer Wahlbeteiligung von 43,6 Prozent. 15.956 Stimmen waren gültig. 65,5 Prozent der Wähler stimmten für das Hallenbad, 34,5 Prozent dagegen. (Text/Fotos: CS)
Entgleisung der Kommunikation:
Ein Kommentar von Carsten Scheibe
Das Thema Hallenbad hat die Bevölkerung in den letzten Monaten sehr stark polarisiert. Kaum ein Falkenseer hatte zum Hallenbad keine eigene Meinung. Die einen waren vehement dafür, die anderen ebenso stark dagegen. Die einzelnen Argumente haben sich die Teilnehmer der Diskussionen wie klatschende Backpfeifen gegenseitig um die Ohren gehauen.
Bei diesem Gedankenaustausch, der schon bald kein Austausch mehr war, sondern ein gegenseitiges Anpöbeln, blieb nach und nach die “Nettiquette” auf der Strecke. Die Bemerkungen wanderten zunehmend unter die Gürtellinie. Gerade in den Sitzungen der Stadtverordneten hatte ich zunehmend den Eindruck, dass sich die Seiten komplett verhärten und es langsam richtig persönlich wird. Die Teilnehmer haben sich gestritten wie die Kesselflicker – mitunter war wirklich Fremdschämen angesagt. Ich war immer der Meinung, dass man sich in der Sache durchaus fetzen und streiten darf. Wenn man nur anschließend noch dazu in der Lage ist, gemeinsam ein Bier zu trinken und sich auf die Schulter zu klopfen.
Dann entbrannte plötzlich ein Wahlkampf auf der Straße, der in seiner Intensität einer Bürgermeister- oder Kommunalwahl in nichts nachstand. Wer hat denn eigentlich das Geld für all diese Schilder, Plakate, Homepages und Flyer zur Verfügung gestellt? Das muss doch Unsummen gekostet haben!
Für die Bürger war das nicht angenehm. Die eine Seite drohte mit ertrunkenen Kindern, würde man das Hallenbad ablehnen. Die andere Seite vermachte den nächsten Generationen Millionenschulden, sollte das Hallenbad gebaut werden. Viele Bürger zogen da erschrocken den Kopf ein – und beteten dafür, dass der Spuk endlich vorbei sei.
Jetzt ist die Entscheidung FÜR ein Hallenbad getroffen worden. Das ist die Chance für alle Beteiligten, sich wieder ordentlich an einen Tisch zu setzen, um den Bürgerwillen wie Erwachsene umzusetzen und das beste Hallenbad zu bauen, das möglich ist.
Sven Steller, der sich als Sportler mutig gegen seine CDU-Partei gestellt und für das Hallenbad votiert hat: “Ich hoffe, wir haben nun endlich Ruhe – und arbeiten konstruktiv an der Realisierung. Ein Hoch auf die Bürgerbeteiligung und die Demokratie.”
Wahlhelfer Uwe Abel sagte nach der Wahl: “Die Argumente sind ausgetauscht, der Bürger hat entschieden. Diese Entscheidung ist zu akzeptieren und vor allem zu respektieren. Welche Argumente und Vorhersagen am Ende zutreffen, wird die Zeit zeigen. Hoffen wir mal einfach das Beste.”
Dem ist nichts hinzuzufügen.
Dieser Artikel stammt aus „FALKENSEE.aktuell – Unser Havelland“ Ausgabe 177 (12/2020).
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